Allergien

Allergien

Allgemeines

  • Allergien finden sich häufig im Rahmen anästhesiologischer Prozeduren und sind meist Allergien vom Soforttyp (im Gegensatz zum Spättyp, zytotoxisch sowie Immunkomplextyp Reaktionen)
  • Häufigste Auslöser sind Muskelrelaxantien und Antibiotika. Denke aber auch an LATEX
  • Prinzipiell sind dies IgE vermittelte Reaktionen sowie Kontaktallergien
  • Die Einteilung und Massnahmen bei einer Allergie vom Akuttyp leiten sich von den klinischen Symptomen ab
Erste Massnahme bei allergischen Reaktionen ist die Beseitigung bzw. das Ausschalten des “mutmasslich” allergieauslösenden Agens

Gradeinteilung

  • Nach Johannes Ring et al: Leitlinie zu Akuttherapie und Management der Anaphylaxie – Update 2021; Allergo J Int 2021;30:1–25
Grad Haut- & Allgemeinsymptome Abdomen Respirationstrakt Herz-Kreislauf
I
  • Juckreiz
  • Flush
  • Urtikaria
  • Angioödem
     
II
  • Juckreiz
  • Flush
  • Urtikaria
  • Angioödem
  • Nausea
  • Krämpfe
  • Erbrechen
  • Rhinorrhö
  • Heiserkeit
  • Dyspnoe
  • Tachykardie
  • Hypotension
  • Arrythmie
III
  • Juckreiz
  • Flush
  • Urtikaria
  • Angioödem
  • Erbrechen
  • Defäkation
  • Larynxödem
  • Bronchospasmus
  • Zyanose
  • Schock
IV
  • Juckreiz
  • Flush
  • Urtikaria
  • Angioödem
  • Erbrechen
  • Atemstillstand
  • Kreislaufstillstand
Bei Allergien Grad III und IV können die Hautsymptome durch die Zentralisierung auch fehlen oder erst nach Wiederherstellen der Kreislauffunktion auftreten 

 Therapie

  • Für alle Altersklassen

Schema modifiziert nach: Johannes Ring et al: Leitlinie zu Akuttherapie und Management der Anaphylaxie – Update 2021; Allergo J Int 2021;30:1–25

Dosierung Medikamente

Adrenalin intramuskulär

 < 10kg KG 10-25 kg KG 25-50 kg KG > 50 kg KG
10µgr /kg KG 150 µgr
Als Injektor erhältlich
300 µgr
Als Injektor erhältlich
500 µgr

Adrenalin intravenös

Kinder Bolus Erwachsene Bolus Erwachsene Kontinierlich
1µgr/kg KG intravenös 1µ/kg KG intravenös 4-8 µgr/min intravenös

Clemastin = Tavegyl® intravenös

  • Histamin 1-Rezeptor-Blocker
Kinder Erwachsene
50µgr/kg KG langsam i.v.
Maximal 2mg i.v.
2mg i.v. langsam

Ranitidin = Zantic® intravenös

  • Histamin 2-Rezeptor-Blocker
Kinder Erwachsene
1mg/kg KG i.v. verdünnt
Maximal 50mg
50mg i.v. als Kurzinfusion

Ranitidin ist aktuell aufgrund von aufgetretenen Verunreinigungen mit Nitrosaminen nicht erhältlich

Methylprednisolon = Solu-Medrol®

  • Wirkungseintritt frühestens nach 1h
Kinder Erwachsene
2mg/kg KG intravenös
Maximum 250mg
125 mg intravenös

Salbutamol = Ventolin inhalativ

Dosier Aerosol    
< 6 Jahre > 6 Jahre Erwachsene
6 Stösse (100µgr Salbutamol) via Vorschaltkammer alle 20min
Maximal 3x
6-12 Stösse (100-200 µgr Salbutamol) via Vorschaltkammer alle 20 min
Maximal 3x
8-12 Stösse (100-200 µgr Salbutamol)

Inhalationslösung  
Kinder Erwachsene
1.25- 5mg Salbutamol in 2 ml NaCl 0.9% alle 20min 1.25mg Salbutamol in 2-3 ml NaCl 0.9%

Adrenalin inhalativ

< 1 Jahr > 1 Jahr Erwachsene
3mg Adrenalin
Pur via Vernebler
5mg Adrenalin
Pur via Vernebler
3mg Adrenalin
Pur via Vernebler

Aminophyllin intravenös

  • 5-6mg/kg (langsam in 100ml NaCl 0.9%)

Ketamin-S = Ketanest® intravenös

  • 0.25mg/kg KG intravenös

Vasopressin= Empressin®

Latexhaltige Produkte am LUKS

  • Sterile Handschuhe
  • Braunes Pflaster
  • Pulmonalisarterienkatheter
  • Blasendauerkatheter (DK)

Nachweis einer allergischen Reaktion

  • B-Tryptase im Serum bestimmen
Abnahme nach 1h nach 2-4h und nach 24h
Grenzwert: Serumtryptase (µgr/Liter)> Baselineserumtryptase (µgr/Liter) (nach 24h) x 1.2 +2 (µgr/Liter) 
  • Tryptase wird aus Mastzellen im Rahmen der Allergischen Reaktion freigesetzt (Abnahme daher auch möglichst vor Antihistaminika Gabe)
  • Tryptase ist spezifisch für eine stattgehabte allergische Reaktion (Röhrchen “Serum-Gel, braun”, Tryptase auf Anforderung Chemie/Allergologie)

Jod

  • Es gibt eine Jodunerverträglichkeit oder Jodallergie
  • Diese zeigt sich insbesondere in kutanen Reaktionen
  • Eine allergische Akutreaktion ist nahezu ausgeschlossen, da der Wirkmechanismus über T Zellen kutan abläuft
  • Eine Okklusion der Haut mit Jod fördert dies im Einzelfall (jodhaltige Folien)

Soja

Soja in Medikamenten ist keine Gefahr für Soja-Allergiker
  • Vorkommen: Propofol, Retinoiden, Retarpen®, Ospen®, Elocon-Crème®, Clevidipine etc.
  • Gemäss der Arbeitsgruppe Allergologie der ÖGDV (Oesterreichische Allergologische Gesellschaft) sowie seitens Dr. G. Müllner, CA Allergologie LUKS, gibt es zwei Gründe für eine fehlende allergische Reaktion:   

Der Proteingehalt in den Sojabestandteilen ist zu klein

Bei der Produktion der Medikamente kommt es zu einer Denaturierung der allergenen Proteine

  • Es gibt zahlreiche Referenzen, welche die Bedeutungslosigkeit einer Sojaallergie für sojahaltige Medikamente belegen
  • Es fehlen jedoch nach wie vor grossangelegte Studien.

Zusätzliche Massnahmen

  • Dokumentation im EPIC unter Anästhesiebezogene Probleme
  • Allergologische Abklärung empfehlen
  • Info an Patient und Operateur
  • Falls Tryptase-Bestimmung positiv –> In Basket- Nachricht an Operateur/-in als behandelnde Ärztin/Arzt mit der Auflistung möglicher allergieauslösender Medikamente mit der Empfehlung um Einleitung einer allergologischen Abklärung

Links + Quellen

Autoren

  • Dr. med. Mike Meyer, Assistenzarzt Anästhesie
  • Dr. med. Gaby Rothlin, Oberärztin Anästhesie
Mitwirkende Autor/innen

Verantwortlicher Author
Prof. Dr. med. Christoph Konrad
Chefarzt Anästhesie, Schmerztherapie, Rettungsmedizin
Dr. med. Christian Salis
Oberarzt mbF Anästhesie