TUR-Syndrom
Allgemeines
Mit TUR Syndrom, auch Einschwemmsyndrom genannt, ist eine Absorbtion von hypotoner, elektrolytfreier Flüssigkeit in den Körperkreislauf gemeint bei monopolarer Resektion
Dabei kommt es über das Wundbett zur Einschwemmung von Spüllösung in den Blutkreislauf mit der Folge einer hypotonen Hyperhydratation, die zum raschen Abfall des Natriumspiegels im Serum führt
Es resultieren kardiovaskuläre, pulmonale und neurologische Funktionsstörungen unterschiedlicher Ausprägung
Das TUR Syndrom kommt vor allem bei der TUR-P und seltener bei der TUR-B vor
Determinanten
Anzahl und Grösse eröffneten Blutgefässe
Resorption vor allem über venöse Blutgefässe
Resektionsfläche
Resektionsdauer, Erfahrung Operateur
Hydrostatischer Druck der Spüllösung
Pathophysiologie
Monopolare Resektion
Der Resektions- und Koagulationsstrom fliesst vom Operationsgebiet durch den Körper zur Negativplatte
Der verwendete Strom ist eher hoch
Um Stromschläge an den Patienten zu vermeiden, muss die Spüllösung intraoperativ elektrolytfrei sein!
Spüllösung: Somanol + Ethanol 1% (Zusammensetzung Sorbitol 2%, Mannitol 1%, Ethanol 1% = 10g/lt) = hypotone Lösung
Heute seltene Verwendung
Probleme: Hypervolämie, Hyponatriämie, Koagulopathie
bipolare Resektion
Weitaus am häufigsten eingesetzt
Spüllösung: NaCl 0.9%
Probleme: Hyperhydratation und Koagulopathie
Symptome und Befunde TUR-Syndrom
ZNS
Verwirrtheit, Unruhe
Nausea, Kopfschmerzen, Somnolenz
Krämpfe, Koma (Exitus)
Na+ 125 – 134 mmol/l (mild) ⇒ Verwirrtheit, Unruhe Na+ 115-124 mmol/l (mittelschwer)⇒ Nausea, Kopfschmerzen, Somnolenz Na+ <115 mmol/l (schwer) ⇒ Krämpfe, Koma, Exitus
Herz/Kreislauf
Hypertonie, Hypotonie, Tachykardie, Bradykardie
ZVD ↑, Herzinsuffizienz, Kreislaufversagen
Angina pectoris, Myokardinfakrkt
Arrhythmie
Ischämische ST Segment Veränderung
Zeichen akuter Myokardinfarkt, letale Herzrhythmusstörung
Lunge
AF↑, Dyspnoe, Giemen
SpO2 ↓
Lungenödem (Hypervolämie, Herzinsuffizienz)
Blut
Hyponatriämie
Hämolyse
Koagulopathie (Verdünnung, Verbrauchskoagulopathie = DIC)
Diagnose TUR-Syndrom
Klinik
ZNS ⇒ verwirrt, Kopfschmerzen, Unruhe, zerebrale Krämpfe, Koma
Kreislauf ⇒ Stauung Halsvene, HF ↑ oder ↓, BD ↑ oder ↓
Lunge / Atmung ⇒ Dyspnoe, AF↑, giemen, Lungenödem, SpO2 ↓
TYPISCHE TRIAS Neurologische Veränderung Hypertonie Bradykardie
Labor
Na+ ↓
Hb / Hk ↓ (Hämolyse oder Blutverlust)
Koagulopathie
Spüllösung
Spüllösung: Somanol + Ethanol 1% (Zusammensetzung Sorbitol 2%, Mannitol 1%, Ethanol 1% = 10g/lt)
Alkohol endtidal ↑
Es stehen leider KEINE Messgeräte zur Atem-Alkoholmessung mehr zur Verfügung Theoretisch: Alkoholmessung mit kritischem Wert ab 0.2‰
Berechnung Einschwemmvolumen
Zuhilfenahme der Widmarkformel
Konzentration Markerlösung 1% Alkohol
Blutentnahme ab 0.2 Promille
Therapie TUR-Syndrom
Therapie und Monitoring nach Symptom und Zustand Patient
Operation so schnell wie möglich abbrechen
O2 Zufuhr sicherstellen, eventuell Intubation und Beatmung bei Regionalanästhesie
Adäquates (invasives) hämodynamisches Monitoring
Bei Bedarf antikonvulsive Therapie
Bei Bedarf Korrektur Koagulopathie oder Anämie
Schleifendiuretika
Verlegung IMC / ZIM
Korrektur Serum Na+ Na+ > 120mmol/l = Volumenrestriktion, Diuretika (z.B. Lasix) Na+ < 120mmol/l = Volumenrestriktion, Diuretika, Na+ Substitution Berechnung Na+ Bedarf: 0.2 x (Na+ soll – Na+ ist) x KG = Bedarf in mmol CAVE: zu rasche Na+ Korrektur (cerebrale Blutung / zentrale pontine Myelinolyse)
Prophylaxe TUR-Syndrom
Anästhesie
Regionalanästhesie der Allgemeinanästhesie vorziehen
Wenig Sedation (Beurteilung Zustand)
Restriktive Volumenzufuhr
Infusionslösung: Ringerfundin, evt. NaCl 0.9%
Oberkörper intraoperativ 30° hochlagern (Druck Beckenvenen ↑)
Operateur
Resektionsdauer max. 75min.
Spülflüssigkeit max. 60-80cm über Resektionsfläche (=hydrostatischer Druck)
Problematik bipolare Operationstechnik
Bei der bipolaren Technik resultiert keine Hypoosmolarität, da hier mit einer Elektrolytlösung gespült wird
Auch bei dieser Operationsweise kann Flüssigkeit in die Blutbahne gelangen, was aber primär zu einer isotonen Hypervolämie führt
Der Patient zeigt Anzeichen einer Volumenüberlastung
Symptome der Hypervolämie
Hypertonie, später Hypotonie
Tachykardie, später Bradykardie
Atemnot
Lungenödem
kardiale Dekompensation
Hk-Abfall durch Verdünnung
Therapie der Hypervolämie
Die Therapie besteht darin, mit Volumenresektion und Diuretika die Volumenüberlastung zu korrigieren.
Literatur
Acta Anaesthesiologica Scandinavica 59 (2015) 1081–1093