RARC (Roboter Assistierte Radikale Zystektomie)
EINGRIFFSSPEZIFISCHE BESONDERHEITEN
- Die Indikation zur Zystektomie ist die Entfernung maligner Blasentumoren
- Grosser und komplexer urologischer Eingriff mit hoher Komplikationsrate
- Unterscheide Roboter-assistierte radikale Zystektomie (RARC) vs. offene radikale chirurgische Zystektomie
- Häufig alte, polymorbide Patienten mit kardiovaskulärem Risikoprofil
- Die Kombination aus RARC und ERAS® reduziert die Komplikationsrate, Hospitalisationsdauer und fördert gleichzeitig die Quality of Recovery
- Unterscheide weiterhin zwischen häufigen Varianten der postoperativen Harnableitung
Orthotope Neoblase = Neuformung einer Blase aus Dünndarm in die Ureteren und der Ureter eingenäht wird
Heterotoper Pouch = Neuformung einer Pouch aus Dünndarm, Einnähen der Ureteren und Ableitung nach Aussen durch die Bauchwand
Ileumconduit (Urostoma) = Kontinuierliche Harnableitung durch die Bauchwand ohne Reservoirfunktion
Die Roboter-Assistierte Radikale Zystektomie ist eine minimalinvasive OP-Technik und ist integraler Bestandteil von ERAS ® insbesondere im Kontext des Potenzials der neusten da Vinci® SP Technologie
Ablauf Präoperativ
- ERAS® = Enhanced Recovery after Surgery
Analog zu colorektalen Eingriffen werden Patienten mit RARC (Roboter-assistierter radikaler Zystektomie) entlang eines ERAS® -Behandlungspfades betreut
- Es bestehen folgende Besonderheiten
- Verabreichung von Tranexamsäure 2g p.o bei Eintritt
- Naloxegon 25mg p.o bei Eintritt (peripher wirkender μ-Opioidrezeptor-Antagonist zur Reduktion eines postoperativer Ileus) – cave: eGFR > 60ml/min (Keine Wirkung auf perioperative Schmerztherapie
- Kardiologische Konsilien sind von Urologie bereits im Vorfeld angemeldet worden (unabhängig von anästhesiologischer Risikobeurteilung)
- Präoperative Baseline- und postoperative repetitive Troponin und BNP Bestimmungen
ANÄSTHESIEEINLEITUNG
- 2 Venenzugänge
- Arterienkatheter
- CAVE: Kein Zugang zum PVK/AK und eingeschränkt zum Kopf
- Kein ZVK standardmässig (Indikation restriktiv stellen)
- Bestimmung 2. Type & Screen, wenn Antikörper: 2 EC austesten lassen
- Bei Patienten mit präoperativ erfolgter Eisen/-EPO Infusion im Rahmen PBM: Blutbild, Ferritin, TSAT bestimmen
- Balancierte Anästhesie, Normovolämie, multimodale Analgesie, PONV– Prophylaxe
- Beachte kombinierte Wirkung: Opioide, Lidocain, Ketamin, Magnesium, Dexamethason, Dexmedetomidin, NSAR
- Allgemeinanästhesie primär mit Propofol/Remifentanyl TCI (Inhalativa zweite Wahl oder auf Verordnung OA/LA)
- BIS-Monitoring bei allen Patienten mit Ziel BIS 40-60
- CAVE: BIS Werte bei Co-Analgesie mit Ketamin erhöht
OP-ABLAUF
- Inzision und Roboter Port Plazierung
- ICO2 Insufflation mit damit einhergehender einhergehenden hämodynamischen und respiratorischen Veränderungen
- Lagerung des Patienten (Trendelenburg)
- Zystektomie und Lymphadenektomie
- Ablassen Kapnoperitoneum, Undocking des Roboters, Aufhebung Kopftieflagerung und Bildung der Neoblase/Stoma
- Nur bei Neoblase: Redocking und erneutes Kapnoperitoneum und Durchführen der urethralen und uretero-ileal Anastomosen
- Undocking des Roboters und Naht
INTRAOPERATIV
Analgesie
- Ziel: multimodale Analgesie zur Opioidreduktion, Ileusprävention)
- Kein Lidoperfusor, Es erfolgt die Infiltration/chirurgische TAP Block Anlage durch den Operateur
- NSAR intraoperativ (Ketorolac) als fester Bestandteil ERAS® Protokoll
- Beachte Kontraindikationen: schwere vorbestehende Niereninsuffizienz etc.
- Co-Analgetika
- Magnesium 30mg/kg Kurzinfusion vor Hautschnitt
- Esketamin 25mg vor Hautschnitt
- Bei erhöhtem Opiatbedarf: Etablieren Esketamin Infusion (25mg/h) bis ca 45min vor Ausleitung
- Dexmedetomidin 0.5mcg/kg/min bis 30min vor Ausleitung (kein Initialbolus)
Die Kombination aus Lidocain i.v und zusätzlicher TAP Blockade erhöht die Gefahr der LA-Intoxikation ohne signifikanten analgetischen Benefit
PONV-Prophylaxe
- Dexamethason 8mg und Ondansetron 4mg (erhalten alle Patient/innen unabhängig von Diabetes Mellitus, Tumorerkrankung)
Wärmehaushalt
- Körpertemperatur > 36°C (Normothermie)
- Bair Hugger
- Wärmematte (Cave: Lagerung)
- Kontinuierliche Temperaturmessung via ösophagealer Sonde
Flüssigkeitsmanagement
- Restriktives Management (z.B Gabe via Infusomat (1ml/kg/h)
- Restriktives Flüssigkeitsmanagement (insgesamt sind 1500-2000ml inkl. Kurzinfusionen in den ersten 24h perioperativ für den Grossteil der Patient/-innen aufgrund verlängerter peroraler präoperativer Flüssigkeitszufuhr (s.o) ausreichend)
- Hypotensive Episoden kritisch im Hinblick auf Narkosetiefe evaluieren und diese nötigenfalls anpassen oder bei Bedarf mit einem Vasopressor behandeln
- Blutverluste bei RARC ⌀ 300ml
- Goal-directed Fluid Therapy – mit SVV/PPV/Ösophagusdoppler – zeigte bisher bei RARC keinen Outcome/Length of Stay Vorteil und ist zudem bei Pneumoperitoneum, Lagerung nur eingeschränkt interpretierbar
- Eine iatrogene Hyperhydratation erhöht jedoch Risiko von postoperativen Komplikationen und verlängert die Hospitalisationsdauer
Relaxation
- Allzeit tiefe neuromuskuläre Blockade sicherstellen (TOF 0)
- Reversion am OP-Ende mit Sugammadex
Beatmung
- Angepasste Respiratoreinstellungen bei Pneumoperitoneum (I:E Ratio)
- FIO2 Reduktion
- Recruitment Manöver und best PEEP/Ventilator Einstellung nach Vorgabe Oberarzt
Blutzucker
- Blutzucker Kontrolle intraoperativ und konsequente Behandlung mit Insulin s.c/i.v
- Intraoperativ BZ 7.8 – 10 mmol/l anstreben (140-180mg/dl)
- Insulintherapie erst ab 10 mmol/l (SOP Blutzuckermanagement intraoperativ)
Intraoperative Besonderheiten
- Hämodynamische und respiratorische Veränderung bei Beginn und während Kapnoperitoneum
- Lange Operationszeit
- Lagerung des Patienten
- Reduzierter Zugang zum Patient* (Zugänge/Monitoring)
- Weichteilkompression am Hals mit folgendem Plexusschaden!
- Druckstellen der Arme (gute vorgängige Lagerung, Polsterung der Arme)
- Hohe intraabdominelle Drücke bei ungenügender Relaxation
- Hypothermierisiko
- Eingriffsbedingt keine Diurese abschätzbar und insgesamt hohes Risiko für akutes Nierenversagen perioperativ
- Signifikant geringerer Blutverlust (RARC 200-400ml, ORC 1000ml und mehr)
Sign-Out
- Gemeinsame Verordnungsüberprüfung und Medikationsabgleich bei „Sign-Out“ am OP-Ende durch Operateur und Arzt Anästhesie
- Abgleich der Dauermedikation, Antikoagulation und ERAS® Pathway-Verordnungen
- Suchtmittelentzug antizipieren
- Verordnen der Patienteneigenen Medikation bleibt weiterhin Aufgabe der Anästhesie
- Weitere Informationen zum Umgang siehe LUKiS Tippsheet
Postoperativ