RARC (Roboter Assistierte Radikale Zystektomie)
Achtung: SOP RARC (Roboter Assistierte Radikale Zystektomie)
Ab sofort steht unter der Rubrik Urologie das SOP RARC (Roboter Assistierte Radikale Zystektomie) zur Verfügung.
20. November 2024
Dr.med. Maximilian Marggraf
Oberarzt Anästhesie

RARC (Roboter Assistierte Radikale Zystektomie)

EINGRIFFSSPEZIFISCHE BESONDERHEITEN  

  • Die Indikation zur Zystektomie ist die Entfernung maligner Blasentumoren 
  • Grosser und komplexer urologischer Eingriff mit hoher Komplikationsrate 
  • Unterscheide Roboter-assistierte radikale Zystektomie (RARC) vs. offene radikale chirurgische Zystektomie  
  • Häufig alte, polymorbide Patienten mit kardiovaskulärem Risikoprofil 
  • Die Kombination aus RARC und ERAS® reduziert die Komplikationsrate, Hospitalisationsdauer und fördert gleichzeitig die Quality of Recovery  
  • Unterscheide weiterhin zwischen häufigen Varianten der postoperativen Harnableitung 

Orthotope Neoblase = Neuformung einer Blase aus Dünndarm in die Ureteren und der Ureter eingenäht wird
Heterotoper Pouch = Neuformung einer Pouch aus Dünndarm, Einnähen der Ureteren und Ableitung nach Aussen durch die Bauchwand
Ileumconduit (Urostoma) = Kontinuierliche Harnableitung durch die Bauchwand ohne Reservoirfunktion  

Die Roboter-Assistierte Radikale Zystektomie ist eine minimalinvasive OP-Technik und ist integraler Bestandteil von ERAS ® insbesondere im Kontext des Potenzials der neusten da Vinci® SP Technologie    

 Ablauf Präoperativ

  • ERAS® = Enhanced Recovery after Surgery
Analog zu colorektalen Eingriffen werden Patienten mit RARC (Roboter-assistierter radikaler Zystektomie) entlang eines ERAS® -Behandlungspfades betreut  
  • Es bestehen folgende Besonderheiten 
  1. Verabreichung von Tranexamsäure 2g p.o bei Eintritt
  2. Naloxegon 25mg p.o bei Eintritt (peripher wirkender μ-Opioidrezeptor-Antagonist zur Reduktion eines postoperativer Ileus) – cave: eGFR > 60ml/min (Keine Wirkung auf perioperative Schmerztherapie
  3. Kardiologische Konsilien sind von Urologie bereits im Vorfeld angemeldet worden (unabhängig von anästhesiologischer Risikobeurteilung) 
  4. Präoperative Baseline- und postoperative repetitive Troponin und BNP Bestimmungen  

ANÄSTHESIEEINLEITUNG 

  • 2 Venenzugänge
  • Arterienkatheter
  • CAVE: Kein Zugang zum PVK/AK und eingeschränkt zum Kopf 
  • Kein ZVK standardmässig (Indikation restriktiv stellen) 
  • Bestimmung 2. Type & Screen, wenn Antikörper: 2 EC austesten lassen 
  • Bei Patienten mit präoperativ erfolgter Eisen/-EPO Infusion im Rahmen PBM: Blutbild, Ferritin, TSAT bestimmen 
  • Balancierte Anästhesie, Normovolämie, multimodale Analgesie, PONV– Prophylaxe 
  • Beachte kombinierte Wirkung: Opioide, Lidocain, Ketamin, Magnesium, Dexamethason, Dexmedetomidin, NSAR
  • Allgemeinanästhesie primär mit Propofol/Remifentanyl TCI (Inhalativa zweite Wahl oder auf Verordnung OA/LA) 
  • BIS-Monitoring bei allen Patienten mit Ziel BIS 40-60 
  • CAVE: BIS Werte bei Co-Analgesie mit Ketamin erhöht

OP-ABLAUF  

  1. Inzision und Roboter Port Plazierung 
  2. ICO2 Insufflation mit damit einhergehender einhergehenden hämodynamischen und respiratorischen Veränderungen
  3. Lagerung des Patienten (Trendelenburg) 
  4. Zystektomie und Lymphadenektomie 
  5. Ablassen Kapnoperitoneum, Undocking des Roboters, Aufhebung Kopftieflagerung und Bildung der Neoblase/Stoma
  6. Nur bei Neoblase: Redocking und erneutes Kapnoperitoneum und Durchführen der urethralen und uretero-ileal Anastomosen 
  7. Undocking des Roboters und Naht 

 

INTRAOPERATIV 

Analgesie

  • Ziel: multimodale Analgesie zur Opioidreduktion, Ileusprävention)
  • Kein Lidoperfusor, Es erfolgt die Infiltration/chirurgische TAP Block Anlage durch den Operateur
  • NSAR intraoperativ (Ketorolac) als fester Bestandteil ERAS® Protokoll 
  • Beachte Kontraindikationen: schwere vorbestehende Niereninsuffizienz etc. 
  • Co-Analgetika 
  • Magnesium 30mg/kg Kurzinfusion vor Hautschnitt 
  • Esketamin 25mg vor Hautschnitt 
  • Bei erhöhtem Opiatbedarf: Etablieren Esketamin Infusion (25mg/h) bis ca 45min vor Ausleitung 
  • Dexmedetomidin 0.5mcg/kg/min bis 30min vor Ausleitung (kein Initialbolus) 
Die Kombination aus Lidocain i.v und zusätzlicher TAP Blockade erhöht die Gefahr der LA-Intoxikation ohne signifikanten analgetischen Benefit 

PONV-Prophylaxe

  • Dexamethason 8mg und Ondansetron 4mg (erhalten alle Patient/innen unabhängig von Diabetes Mellitus, Tumorerkrankung) 

Wärmehaushalt

  • Körpertemperatur > 36°C (Normothermie) 
  • Bair Hugger 
  • Wärmematte (Cave: Lagerung)
  • Kontinuierliche Temperaturmessung via ösophagealer Sonde 

Flüssigkeitsmanagement 

  • Restriktives Management (z.B Gabe via Infusomat (1ml/kg/h)
  • Restriktives Flüssigkeitsmanagement (insgesamt sind 1500-2000ml inkl. Kurzinfusionen in den ersten 24h perioperativ für den Grossteil der Patient/-innen aufgrund verlängerter peroraler präoperativer Flüssigkeitszufuhr (s.o) ausreichend) 
  • Hypotensive Episoden kritisch im Hinblick auf Narkosetiefe evaluieren und diese nötigenfalls anpassen oder bei Bedarf mit einem Vasopressor behandeln
  • Blutverluste bei RARC ⌀ 300ml
  • Goal-directed Fluid Therapy – mit SVV/PPV/Ösophagusdoppler – zeigte bisher bei RARC keinen Outcome/Length of Stay Vorteil und ist zudem bei Pneumoperitoneum, Lagerung nur eingeschränkt interpretierbar
  • Eine iatrogene Hyperhydratation erhöht jedoch Risiko von postoperativen Komplikationen und verlängert die Hospitalisationsdauer 

 Relaxation

  • Allzeit tiefe neuromuskuläre Blockade sicherstellen (TOF 0) 
  • Reversion am OP-Ende mit Sugammadex 

Beatmung

  • Angepasste Respiratoreinstellungen bei Pneumoperitoneum (I:E Ratio) 
  • FIO2 Reduktion 
  • Recruitment Manöver und best PEEP/Ventilator Einstellung nach Vorgabe Oberarzt 

Blutzucker

  • Blutzucker Kontrolle intraoperativ und konsequente Behandlung mit Insulin s.c/i.v
  • Intraoperativ BZ 7.8 – 10 mmol/l anstreben (140-180mg/dl)
  • Insulintherapie erst ab 10 mmol/l (SOP Blutzuckermanagement intraoperativ)

Intraoperative Besonderheiten

  • Hämodynamische und respiratorische Veränderung bei Beginn und während Kapnoperitoneum 
  • Lange Operationszeit  
  • Lagerung des Patienten
  • Reduzierter Zugang zum Patient* (Zugänge/Monitoring) 
  • Weichteilkompression am Hals mit folgendem Plexusschaden! 
  • Druckstellen der Arme (gute vorgängige Lagerung, Polsterung der Arme) 
  • Hohe intraabdominelle Drücke bei ungenügender Relaxation
  • Hypothermierisiko 
  • Eingriffsbedingt keine Diurese abschätzbar und insgesamt hohes Risiko für akutes Nierenversagen perioperativ
  • Signifikant geringerer Blutverlust (RARC 200-400ml, ORC 1000ml und mehr) 

 Sign-Out 

  • Gemeinsame Verordnungsüberprüfung und Medikationsabgleich bei „Sign-Out“ am OP-Ende durch Operateur und Arzt Anästhesie 
  • Abgleich der Dauermedikation, Antikoagulation und ERAS® Pathway-Verordnungen 
  • Suchtmittelentzug antizipieren
  • Verordnen der Patienteneigenen Medikation bleibt weiterhin Aufgabe der Anästhesie
  • Weitere Informationen zum Umgang siehe LUKiS Tippsheet

Postoperativ

Mitwirkende Autor/innen

Verantwortlicher Author
Dr.med. Maximilian Marggraf
Oberarzt Anästhesie