Aneurysma-Clipping / Coiling bei SAB

Aneurysma-Clipping / Coiling bei SAB

Allgemeines

  • Die Subarachnoidalblutung ist eine häufige und schwere Erkrankung: 3% der Bevölkerung (F>M) mit einer Blutungsinzidenz von 1/ 10 000
  • Deren Gesamtmortalität liegt bei 45%, wobei 10-30% vor Spitaleintritt versterben und weitere 10% in den ersten Tagen
  • 2/3 der Überlebenden erreichen ihre frühere Lebensqualität nicht, davon ist 1/3 ist schwer behindert

Klassifikation

  • Es existieren 3 verschiedene Klassifikationen
  • Die gebräuchlichste ist diejenige nach Hunt und Hess

Hunt und Hess-Klassifikation der SAB

Grad GCS Klinik
1 15 Asymptomatisch, evt. leichter Kopfschmerz, und/oder Meningismus
2 13-14 Mässig-starker Kopfschmerz, Meningismus, Hirnnervenausfälle möglich
3 13-14 Somnolenz und/oder Verwirrtheit und/oder leichte fokal-neurologische Ausfälle
4 7 -12 Sopor, mässige-schwere fokal-neurol. Ausfälle, vegetative Störungen
5 3 – 6 Koma, Zeichen der Einklemmung

Behandlungsmöglichkeiten

  • Nichtinvasiv im Kopfkatheterlabor (KKL) (Coiling in Intubationsanästhesie analog Clipping)
  • Invasives Clipping über Kraniotomie
OP wird meist nicht im Akutzustand durchgeführt, sondern zeitversetzt innerhalb von 12-24h, selten bis 72h

Indikation für sofortige OP

  • Raumfordernde intrazerebrale Blutung
  • GCS≤12, bei Ventrikeleinbruch Legen einer EVD

Anästhesiekonzept

  • Die anästhesiologisch grössten Herausforderungen sind:
Blutdruckmanagement
Analgesiekonzept
Verhindern einer prä- und intraoperativen Ruptur
Adäquate Reaktion bei Auftreten einer Ruptur
  • OP unter Neuromonitoring, TCI/ TIVA Technik der Wahl, Muskelrelaxation nur zur Intubation
  • BIS- und intraoperatives Neuromonitoring (IOM)
  • Invasive BD-Messung vor Einleitung, ZVK bei rupturierten Aneurismen obligatorisch
  • Thrombosestrümpfe und SCD- Device (Flowtron)
  • DK
  • Mannitol und Vasoaktiva (NA-Perfusor und Bolus, Trandate, Ebrantil, Adenosin) auf dem Tisch
  • In Rücksprache mit Neurochirurgie zwecks Rapid-Pacing aufkleben von Multifunktions-Pads oder transjuguläre Pacemakereinlage

Narkoseführung

  • Einleitung unter stabilen Blutdruckverhältnissen
  • Blutdruckspitzen vermeiden
  • Die Ruptur geschieht in der Systole weshalb der systolischer BD-Wert präoperativ, respektive vor Clipping ausschlaggebend ist

Zielwerte Blutdruck

Vor Clipping: Systolischer Blutdruck 100-140 mm Hg (bei Hypertonikern maximal 160 mm Hg)
 Nach Clipping: MAP 70-100 mm Hg oder systolischer BD<200 mm Hg

 Blutdrucksenkung

  • Anästhesie vertiefen
  • Oberkörperhochlagerung 45%
  • Urapidil (Ebrantil®)
  • Labetolol (Trandate®)
  • Clevidipin (Clepviprex®) bei Nichtsansprechen auf Ebrantil oder Trandate
Bei liegender ICP-Sonde können Werte bis 25 mmHg toleriert werden. Bei höheren Werten in Rücksprache mit dem Neurochirurgen, tropfenweise Liquor ablassen

Ziele Vitalparameter

  • PaO2 ≥ 15 kPa, SaO2 >97%
  • PaCO2 4.8-5.5 kPa
  • Temperatur ≤ 37.5%
  • Normoglykämie
  • Ausgleich von Elektrolystörungen (Na 135-150 mmol/l)
  • Hb >70 g/l

Komplikationen

 Diabetes insipidus

Vor Therapie mit Minirin unbedingt folgende Diagnosen ausschliessen:

  • Hypervolämie durch Mannitol/ Infusionen
  • Hyperglykämie mit Glukosurie

Kritierien eines Diabetes insipidus

  • Diurese >300 ml/h über mindestens 4 Stunden
  • Anstieg Serum-Natrium >145 mmol/l
  • Anstieg Serum Osmolalität >295 mOsm/l
  • Urin-Osmolarität <800 mOsm/l

Therapie bei gesichertem Diabetes insipidus

  • Falls alle Kriterien erfüllt sind
  • Minirin 1μgr iv/12h
  • Kontrolle Laborparameter nach 90 min

Vasospamus

  • Intraoperative Vasospasmen sind sehr selten
  • Am häufigsten treten Vasospasmen am Tag 4-14 postoperativ auf

Diagnostik postoperativ

  • Vigilanzminderung
  • Kopfschmerz
  • Fokale Defizite
  • Flussbeschleunigung im transkraniellen Doppler >120cm/s

Therapie

  • Stufenweise BD-Erhöhung mit Noradrenalin 140-160-180-200 mm Hg bis zur Besserung der Symptome
  • DSA (digitale Substraktionsangiographie) in MAC

Intraoperative Aneurismaruptur

  • Intraoperative Aneurismarupturen sind eine seltene, jedoch potentiell lebensbedrohliche Komplikation
  • Die Sicht des Chirurgen auf das zu klippende Aneurisma ist bei starker arterieller Blutung nicht mehr gewährleistet
  • Um ihm diese zu ermöglichen, muss ein kurzfristiger Kreislaufstillstand induziert werden
  • Dies wird durch zwei unterschiedliche Methoden erreicht, deren Anwendung zwingend im Vorfeld mit dem Neurochirurgen abgesprochen werden muss

Adenosin intravenös

  • Wirkungsdauer: Asystolie wird nach 20-30s erreicht und hält dosisabhängig ca 15 s an
  • Wenig Reflextachykardie
  • Keine Rebound-Hypertension
  • Keine Tachyphylaxie
  • Beginn mit 6 mg Bolus iv, dann aufsteigend 12mg-18-24 mg Bolus bis insgesamt 60 mg
Indikation
Notfallmässig bei Ruptur des Aneurismas
Kontraindikationen
KHK mit proximalen Stenosen in den Hauptgefässen
Asthma oder schweres COPD
Patienten mit Gicht (relativ) oder anderweitig gestörtem Purinmetabolismus
Achtung: bei Anwendung von Adenosin intraoperativ sollten Pacerpads und Pacer im Saal sein
 Komplikationen: Prolongierte arterielle Hypotonie, Kammerflimmern

Rapid ventricular pacing (RVP)

  • Siehe gesonderte Anweisung Rapid Ventricular Pacing (RVP)

Postoperatives Management

  • Verlegung auf Intensivstation
  • Frühe Extubation anstreben in Rücksprache mit dem behandelnden Neurochirurgen
Mitwirkende Autor/innen

Verantwortlicher Author
Dr. med. Beate Poblete
Oberärztin m.b.F. Anästhesie; Fachbereichsleiterin Neuroanästhesie