Emergence Delir (Aufwachdelir) Kinderspital

Emergence Delir (Aufwachdelir) Kinderspital

Allgemeines

  • Erstmalige Beschreibung in den frühen 1960er Jahren
  • Vermehrtes Auftreten nach Einführung der schnell abflutenden Anästhetika Sevofluran und Desfluran
  • Inzidenz 10–50 (–80)%
  • Selbstlimitierend, ohne Langzeitfolgen
  • Verletzungsgefahr sowie mögliche Beeinträchtigung des chirurgischen Resultates für das Kind
  • Beängstigend für Eltern
  • Personalaufwändig
  • Therapie wegen obigen Punkten indiziert

Mögliche Auslöser

(Multifaktorielles Geschehen)

  • Rasches Erwachen
  • Medikamentenassoziiert
  • Postoperative Schmerzen
  • Alter (typischerweise Vorschulalter, v.a. 2-5jährig)
  • Chirurgische Verfahren (Tonsillen, Ohr, Augen mehr ED)
  • Präoperative Ängstlichkeit
  • Temperament des Kindes (emotionale, impulsive Kinder)

Diagnose

Zur Erkennung eines Emergence Delir kann der modifizierte Paed-scale score (Pediatric anesthesia emergence delirum scale) dienen:

  1. Das Kind nimmt kein Augenkontakt mit Bezugsperson auf
  2. Das Kind macht keine gezielten Aktionen
  3. Das Kind ist sich seiner Umgebung nicht bewusst
  4. Das Kind ist ruhelos
  5. Das Kind ist untröstlich

„Das Kind ist in einer anderen Welt“

Prophylaxe

Folgende Punkte haben in der Literatur einen prophylaktischen Einfluss auf ein Emergence Delir:

  • Optimierte perioperative Analgesie: Regionalanästhesie / ausreichende systemische Analgesie
  • Aufwachen in ruhiger / ungestörter Umgebung
  • Musik über Kopfhörer intraoperativ (wo möglich)
  • TIVA
  • Propofol-Bolus vor Ausleitung (1mg/kg)
  • Clonidin iv oder epidural-caudal (ca. 2µg/kg)
  • Dexmedetomidin Perfusor (0.2µgr/kg/h) oder Bolus am Ende (0.5µgr/kg)
  • Opioide intraoperativ (protektiver Effekt auch bei nicht schmerzhaften Eingriffen)
  • Ketamin iv Bolus intraoperativ (0.5mg/kg)
  • Droperidol iv vor Ausleitung (10µg/kg, max 0.5mg)

Die fett markierten Punkte erhalten alle Patienten

Ob eine zusätzliche Prophylaxe nötig ist, entscheidet der zuständige Kaderarzt

Wir empfehlen bei Patienten, die ein ED gehabt haben, bei der nächsten Narkose möglichst eine TIVA zu machen und am Ende einen Bolus Dexmedetomidin oder Droperidol zu geben

Therapie

  • Sicherstellen einer adäquaten Analgesie
  • Überbrückung mit Propofol Bolus bis weitere Medikamente gerichtet sind
  • Information an den Kaderarzt
  • Gabe von Dexmedetomidin iv 0.5µgr/kg (ggf. nach 10 Minuten nochmals wiederholen) ODER
  • Gabe von Droperidol iv 10 µg/kg (ggf. nach 15min nochmals wiederholen)
Bei fehlendem iv-Zugang: Ketamin 2 (-4) mg/kg nasal (ev. in Kombination mit Midazolam 0.1-0.2 mg/kg nasal)

CAVE

Dexmedetomidin

  • Blutdruck und Puls Kontrolle nach Gabe

Droperidol

  • Off-Label-use bei Kindern
  • Kontraindikation: Long QT-Syndrom
  • Blutdruck Messung nach Gabe erforderlich
  • Extrapyramidale Symptome möglich
  • Therapie extrapyramidaler Symptome: Biperiden (Akineton) 0.05mg/kg, max 5mg (IMMER in Rücksprache mit Kaderarzt)

Weiteres

  • Information der Eltern (ED ist beim Kind aufgetreten; keine Langzeitfolgen; mit zunehmendem Alter weniger wahrscheinlich; soll beim allfällig nächsten Prämedi-Gespräch erwähnt werden)
  • Symptomatik, Therapie und Verlauf gut ersichtlich auf Protokoll dokumentieren

Literatur

  • Dahmani S. et al. Pharmacological prevention of sevoflurane- and desflurane-related emergence agitation in childdren: a meta-analysis of published studies. BJA 2010; 104:216-23
  • Sikich N. et al. Development and psychometric evaluation of the pediatric anesthesia emergence delirium scale. Anesthesiology 2004; 100:1138-45
  • Sun L. et al . Dexmedetomidine for preventing sevoflurane-related emergence agitation in children: a meta-analysis of randomized controlled trials. Acta Anaesthesiol Scand 2014; 58:642-650
  • Vlajkovic G.P. et al. Emergence delirium in children: many questions, few answers. Anesth Analg 2007; 104:84-91
Mitwirkende Autor/innen

Verantwortlicher Author
Dr. med. Martin Hölzle
Leitender Arzt Anästhesie Leiter Kinderanästhesie